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Conquering (with) Concrete

German Construction Companies as Global Players in Local Contexts

Projektleitung im IRS: Dr. Monika Motylińska

Projektteam: Paul Lennart Sprute, María Ignacia Jeldes Olivares, Juliane Richter

Förderorganisation: VolkswagenStiftung: Freigeist-Fellowship

Laufzeit: 01/2020 - 12/2024

 

Projektdatenbank: Conquering (with) concrete

Globale Bauunternehmen beeinflussen unsere Zukunft. Neben den Bauwerken und Infrastrukturen, die sie errichten, beeinflussen sie auch die Entwicklungshilfepolitik der Regierungen oder vertreiben Menschen, um beispielsweise einen neuen Staudamm zu bauen. Doch die Rolle dieser großen Global Player und ihre anhaltende Präsenz in verschiedenen Weltregionen sind bisher kaum reflektiert worden.

Unser Projekt untersucht, wie große deutsche Baukonzerne Märkte und Räume eroberten und damit ihre Präsenz in verschiedenen Regionen des "Globalen Südens" zementierten, und geht den Spuren nach, die sie hinterlassen haben, lange nachdem sich der Staub der Baustellen gelegt hat. Sie geht von der Erkenntnis aus, dass die Komplexität der gebauten Umwelt in diesen Regionen nicht vollständig verstanden werden kann, ohne die Rolle von Baukonzernen wie der HOCHTIEF AG oder Bilfinger Berger als Akteure, Stakeholder, transnationale juristische Personen und wichtige Impulsgeber in den Prozessen des globalisierten Baugeschäfts anzuerkennen und zu analysieren. In den bisherigen Forschungsarbeiten wurde diese Perspektive jedoch bis auf wenige Ausnahmen vernachlässigt.

 

Das Forschungsvorhaben löst sich daher von engen disziplinären Grenzen und untersucht stattdessen Bauunternehmen als Schnittpunkt von Architektur- und Planungsgeschichte, Urbanistik, Ökonomie, Geographie, Governance, Technikgeschichte und Baugeschichte. Mit dem Schwerpunkt auf Produktionszyklen von Infrastrukturen untersucht ein Forschungsteam, bestehend aus dem PI, drei Doktoranden mit jeweils unterschiedlichem disziplinärem Profil und einer studentischen Hilfskraft, die globalen Ströme von Kapital, Arbeit, Know-how und Baumaterialien wie Beton im "globalen Süden".

Update

 

Ende August 2024 wurde die Datenbank des Freigeist-Projekts „Conquering (with) Concrete. German Construction Companies as Global Players in Local Contexts“ online gestellt.

 

Die Datenbank umfasst über 1300 Bauprojekte im Globalen Süden, die im langen 20. Jahrhundert unter Beteiligung deutscher Bauunternehmen entstanden. Die öffentliche Plattform der Datenbank ermöglicht sowohl zeitliche als auch geografische Visualisierungen, welche die Globalisierung der Bauwirtschaft durch die Linse deutscher Bauunternehmen darstellen. Als zentrales Forschungsinstrument des Projekts beförderte die Datenbank die interdisziplinäre Forschungsdiskussion und ermöglichte die Auswahl überraschender Fallstudien und die Identifizierung langfristiger Trends. Durch die Veröffentlichung der Datenbank und bestimmter Ausschnitte sollen diese Möglichkeiten auch Externen und Interessierten zugänglich gemacht werden.

 

Die Datenbank wurde über die gesamte Laufzeit des Drittmittelprojekts seit 2020 von PI Monika Motylińska und den Projektmitarbeiter*innen María Jeldes, Paul Sprute und Anastasia Betsa erstellt.

 

Zur Datenbank Conquering (with) Concrete

Überführung auf Lagos Island (Teil der Ringstraße), gebaut und gewartet von Julius Berger Nigeria Ltd. Foto: Monika Motylinska

Die Untersuchung verläuft entlang dreier Hauptlinien, die jeweils mit dem erforderlichen Fachwissen aus bestimmten Disziplinen verknüpft sind: (1) Sie beginnt mit der Untersuchung der Produktion von Beton als dem meistverwendeten Baumaterial des 20. Jahrhunderts und einer conditio sine qua non für die Mehrzahl der Bautätigkeiten. Ergänzend zur bestehenden Forschung (Forty 2012) werden sowohl die materielle Seite der Zementproduktion und der Rohstoffgewinnung als auch die Kapitalströme und vielschichtigen Interaktionen zwischen verschiedenen Akteuren und Institutionen (Wirtschaftsgeographie/Stadtgeschichte/Baugeschichte) verfolgt. (2) Es folgt die Analyse weiterer infrastruktureller und architektonischer Investitionen mit dem Ziel, das dauerhafte Phänomen des Labels "Made in Germany" von der Vergangenheit bis zur Gegenwart aufzuzeigen (Architekturgeschichte/Wirtschaftsgeschichte). (3) In einem letzten Schritt geht es um die Analyse der materiellen und immateriellen Hinterlassenschaften der deutschen unternehmerischen Präsenz in ausgewählten Regionen Lateinamerikas, Westafrikas und des südlichen Afrikas (Heritage Studies). Damit leistet dieses Projekt einen wichtigen Beitrag zu einer Genealogie der globalisierten Architekturproduktion und der Vielzahl der beteiligten ausländischen und lokalen Akteure.

Wir betrachten Bauunternehmen als ein Prisma, das eine völlig neue Perspektive auf die Komplexität transnationaler und globaler Verbindungen und ihre Auswirkungen auf bestimmte lokale Gegebenheiten ermöglicht. Dabei geht es nicht darum, einfache Kausalitäten festzustellen, sondern vielmehr darum, ein kompliziertes Mosaik von Motivationen, projizierten, geäußerten und ausgeübten Wünschen, sozialem und materiellem Widerstand sowie Manipulationen und Misserfolgen darzustellen, mit besonderem Augenmerk auf die Dimension des brut de décoffrage - des Rohen und Unfertigen.

Forschungsgruppe und Forschungsumfeld

Das Forschungsteam verbindet Ansätze aus der Stadt- und Architekturgeschichte, der Globalgeschichte und der Wirtschaftsgeographie. Die Nachwuchsgruppe - ein noch relativ neues Konzept in der deutschen Wissenschaft - ermöglicht einen intensiven Gedankenaustausch und einen spannenden Lernprozess. Jeder Doktorand arbeitet an seiner eigenen Dissertation und trägt gleichzeitig zur gemeinsamen Forschung bei (z.B. in Form von gemeinsam verfassten Papieren).

Der erste Doktorand begann seine Arbeit im April 2020 und konzentriert sich auf Hafenbauprojekte deutscher Bauunternehmer und den Aufbau postkolonialer Verbindungen in Westafrika in den 1930er bis 1980er Jahren. Der zweite Kandidat folgte im Januar 2021 und untersuchte Trajektorien und Produktionsnetzwerke deutscher Bauunternehmen in Südamerika (1930er-1970er Jahre) anhand von U-Bahn-Projekten in Buenos Aires und Sao Paulo. Ein dritter Doktorand stieß im April 2022 zum Team und beschäftigt sich mit der transnationalen Zirkulation von Architektur und Wissen zwischen der DDR und Kuba. Die Forschungsgruppe ist in die Abteilung für Historische Forschung des Leibniz-Instituts für Gesellschafts- und Raumforschung (IRS), Erkner (bei Berlin), integriert, wo ihre Mitglieder ein gemeinsames Büro haben, und ist eng mit der Fakultät für Architektur und Urbanistik der Bauhaus-Universität Weimar verbunden, wo sie an Doktorandenkolloquien teilnehmen und die Möglichkeit haben, Lehrerfahrung an der Bauhaus-Universität zu sammeln.

Eine weitere Zusammenarbeit besteht mit Prof. Dr. Johan Lagae und seiner Forschungsstelle an der Universität Gent. Das Projekt ist in ein breites wissenschaftliches Netzwerk in Berlin und international eingebettet.